Knieproblematik - oder eine ganz andere Ursache?
erstellt am 4. April 2022


Vorbericht
In diesem Fallbericht geht es um eine 11-jährige, 7,3 kg schwere Mischlingshündin. Die Hündin wird mit einer zunehmenden Bewegungsunlust vorgestellt. Es besteht der Verdacht auf eine orthopädische Genese, da die Hündin seit ca. 14 Tagen nicht mehr sitzen oder springen kann.
Die Überweisung des Haustierarztes beinhaltet Röntgenbilder beider Kniegelenke und der Wirbelsäule, die jedoch keine Anzeichen einer orthopädischen Ursache zeigen. Zur weiteren Diagnostik wird die Hündin in der orthopädischen Sprechstunde vorgestellt.
Diagnostik und Befunde
Allgemein zeigt die Hündin einen unveränderten Kot – und Harnabsatz, sie ist gut genährt und gepflegt mit unauffälligen klinischen Parametern.
In der klinischen Untersuchung wirkt sie reduziert. Das Abdomen ist prall und nicht durchtastbar.
Bei der orthopädischen Untersuchung kann keine Lahmheit in der Gangbildbetrachtung festgestellt werden. Atlas und Axis sind frei, die Epaxialmuskulatur nur geringgradig verspannt. Die ISG sind frei. Die Propriozeption ist normal, der Pannikulus Reflex des Rückenmarks normal auslösbar.
Anschließend wurde eine Blutuntersuchung durchgeführt. Neben einem geringgradig erhöhten Gesamtprotein (TP) und Phosphat (Phos-), einem erhöhten Globulin (GLOB), Alkalische Phosphatase (ALKP), Mittleres Thrombozytenvolumen (MPV) und einer geringgradigen Lymphozytopenie (LYM) und einem erhöhten C-reaktiven Protein (CRP), welches auf Zeichen einer Entzündung hindeuten, dominierte eine hochgradige Hypothyreose des T4 mit <0,50 ug/dL (Referenzwert: Hund: 1.3-2.9 ug/dL).
Zur weiterführenden bildgebenden Diagnostik wird ein Ultraschall des Abdomens durchgeführt (siehe Bilder). Anhand dessen kann eine Weichteilzubildung in der Harnblase mit Beteiligung der cranialen Urethra und des linken Ureters erhoben werden.
Die Sonografie des Abdomens zeigt außerdem noch weitere Befunde:
Zusätzlich zur hochgradigen Lymphadenomegalie der Lnn. iliaci und mesenteriales fällt eine mittel- bis hochgradige Hepatopathie mit Hepatomegalie, eine geringgradige Duodenopathie und eine geringgradige beidseitiger Nephropathie auf.
Interpretation der Befunde
Aufgrund der Lage und des sonografischen Erscheinungsbildes der Weichteilzubildung der Harnblase ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einem neoplastischen Geschehen auszugehen.
Die Befunde in der Harnblase sprechen insbesondere für ein Übergangszellkarzinom, auch Urothelkarzinom genannt. In diesem Fall ist in erster Linie die Blase betroffen mit Beteiligung der ableitenden Harnwege, Harnleiter und Harnröhre.
Die Veränderung der regionalen Lymphknoten spricht am ehesten für Metastasen des Primärtumors, differentialdiagnostisch kommen auch weitere Neoplasien oder eine reaktive Lymphadenitis in Betracht. Die Leberbefunde sprechen ebenfalls für ein neoplastisches Geschehen, differentialdiagnostisch kann auch eine vakuoläre Hyperplasie oder eine entzündliche Hepatopathie ursächlich sein. Sowohl die geringgradige Nephropathie als auch Duodenopathie sprechen für ein chronisch entzündliches Geschehen. Die Hypothyreose ist als Euthyroid-Sick-Syndrom (ESS) einzustufen.
Aufgrund des Fortschreitens der Erkrankung ist die Prognose des Patienten allgemein als schlecht einzustufen, da diese Art von Tumoren eine meist maligne Pathogenese aufweisen und von einer bereits stattgefunden Metastasierung auszugehen ist. Eine vollständige chirurgische Entfernung des Tumorgewebes ist aufgrund der Lokalisation nicht möglich.
Therapie
Es wird eine palliative Therapie eingeleitet.
Eine Substitutionstherapie bei Schilddrüsenunterfunktion (T4) zur Behandlung der Schilddrüsenunterfunktion, mit täglicher oraler Verabreichung morgens und abends (Anwendung gemäß Indikationsliste 7 Lfd. Nr. 21). Zur Schmerztherapie und Entzündungshemmung wird das NSAID Meloxicam einmal täglich entsprechend dem Körpergewicht des Tieres oral eingeben (Anwendung gemäß In
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Themengebiete
Autor:innen
Dr. Gereon ViefhuesAnicura Ahlen GmbH
Tierärztliche Klinik für Kleintiere Ahlen
Bunsenstraße 20
59229 Ahlen
Dr. Gereon Viefhues ist Klinikleiter der Anicura Ahlen GmbH seit 1995. Er studierte bis 1985 in Hannover und promovierte dort 1987. In der anschließenden Weiterbildungszeit zum Fachtierarzt begann er orthopädisch zu arbeiten. Es folgten orthopädische Zusatzausbildungen an diversen internationalen Universitäten. Neben seinem orthopädischen und neurochirurgischen Schwerpunkt beschäftigt er sich intensiv mit der onkologischen Chirurgie und der Weichteilchirurgie. Seit Anfang der neunziger Jahre ist er auf dem Gebiet der Ophthalmologie (Augenheilkunde) tätig.
Hr. Dr. Viefhues ist Prüfer für Fachtierarztprüfungen der Tierärztekammer. Zudem ist er Autor wissenschaftlicher Fachartikel.
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