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Praxismanagement #2 – Motivation, Als Trigger Zum Erfolg

Praxismanagement #2 – Motivation, als Trigger zum Erfolg

Erschienen in der Tierärztlichen Umschau 3/2019

Im heutigen Artikel geht es um zwei wesentliche Punkte: Motivation und Erfolg. Diese beiden Begriffe beeinflussen einander, denn Motivation führt zu erfolgreichem Handeln und Erfolg führt zu weiterer Motivation. Wie aber kann ich Motivation in meinem Team wecken, um gemeinsam erfolgreich zu sein?

T.E.A.M = Toll, ein anderer macht’s?!

Eigentlich ist es fast traurig, dass viele – wenn auch im Spaß – das Wort TEAM so definieren! Denn, in einem Team zu arbeiten sollte zwar bedeuten, dass sich Aufgabenbereiche auf den Schultern aller Mitglieder verteilt, aber nicht, dass der Aufwand für jeden Einzelnen geringer und die Arbeit damit bequemer wird.

Ein Test, in welchem beim Tauziehen per Federkraftmesser festgestellt wurde, wieviel Kraft jede einzelne Person aufwendete, um am Tau zu ziehen brachte aber leider ein Ergebnis, welche diese oben genannte Einstellung unterstreicht: je höher die Anzahl der Teilnehmenden war die am Tau zogen, desto mehr reduzierte sich die Zugkraft jedes Einzelnen…

Sieht so der Alltag aus? Je größer das Team, desto weniger Mühe gibt sich jeder? Wo bleibt die Motivation, sein „Bestes“ zu geben?  Weicht der Altruismus dem Egoismus?

Im Englischsprachigen wird „TEAM“ anders definiert: „Together everyone achieves more”. Es geht also um Teamgeist und gemeinsamen Erfolg. Es geht darum, dass jeder seinen Anteil dazu leistet, erfolgreich zu sein. Wollen wir uns diese Definition vielleicht umgehend aneignen, sie als Mantra täglich wiederholen oder als Leitsatz in den Pausenraum hängen? – Es wäre sicherlich ein Anfang. Denn die eigene Einstellung zu Dingen ist die Art und Weise, wie ich diese sehen möchte. Es handelt sich somit um eine Entscheidung und keinen Umstand: Ändere ich meine Einstellung zum Positiven, durch Verwendung einer neuen Team-Definition, ändert dies auch die Einstellung zur gemeinsamen Arbeit.

Was bedeutet der Begriff Motivation?

Um die positive Einstellung in jedem Team-Mitglied zu fördern, jeden zu motivieren, sodass er tatsächlich „sein Bestes“ gibt, muss man sich in einem ersten Schritt mit dem Begriff der Motivation beschäftigen. Nur so kann man Hintergründe und Zusammenhänge verstehen sowie Motive entdecken, die in einem weiteren Schritt dazu genutzt werden können, Energien im Team zu entfachen.

Motivation ist eine treibende Kraft und in jedem Individuum vorhanden. Motive führen zu zielgerichtetem Verhalten. Je stärker das Motiv, desto niedriger die Schwelle zur Aktion: Ein Wolf jagt, weil er Hunger hat. Wenn er keinen Hunger hat, spielt er mit seinen Welpen. Eine Antilope geht trotz Gefahr zum Wasserloch, weil sie durstig ist. Ist sie nicht durstig, muss sie sich nicht in Gefahr begeben. Und der Mensch? Auch dieser geht bei Wind und Wetter mitten in der Nacht zur nächsten Tankstelle, um sich Cola und Pizza zu holen, wenn Hunger und Durst einen dazu treiben.  Je stärker das Motiv, je höher die Motivation, desto höher die Einsatzbereitschaft. Dies gilt sowohl für basale Motive, wie Hunger, Durst, Schlaf etc. als auch für soziale Motive, wie Zugehörigkeitsgefühl, Macht oder das Streben nach Leistung.

Wer sich mit dem Begriff „Team“ beschäftigt in Zusammenhang mit dem Wecken von Motivation, sollte sich somit auch mit grundlegenden Motiven der menschlichen Psychologie auseinandersetzen. Das klingt in einem ersten Schritt trocken, wird aber zukünftig zu Ihrer Geheimwaffe beim Thema Team-Führung werden. Denn natürlich beschäftigen sich vor allem Führungskräfte heutzutage mit den allgegenwärtigen Motiven der Arbeitnehmer, wie ein nettes Team, genügend Freizeit, gutes Gehalt und Perspektive. Das initiieren eines Motivationsgedankens muss aber tiefer greifen! Darin liegt das wahre Erfolgsgeheimnis.

Motive führen zu zielgerichtetem Verhalten

Um Motivation zu wecken, benötige ich Motive. Diese können ganz unterschiedlich ausfallen. Wo Mitarbeiter A eher das Bedürfnis zur Autonomie treibt, möchte Mitarbeiter B vielleicht einfach „dazugehören“. Wieder andere streben danach, möglichst kompetent zu sein („Expertenmacht“) oder haben Angst vor Misserfolgen. Die menschliche Psyche ist vielschichtig.

Nun möchte ich mich hier auf ein wesentliches Motiv beschränken, welches mir in meinem täglichen Umgang mit Arbeitnehmern häufig begegnet: Das Bedürfnis nach Kompetenz.

Hier geht es um den Wunsch, eigene Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern und sich neue anzueignen. Man ist auf erreichte Ergebnisse stolz und ärgert sich über Misserfolge bis hin zur Scham des Scheiterns. (Dies gilt im Übrigen sowohl für Tierärzte als auch Tiermedizinische Fachangestellte!) Dieses Motiv beinhaltet somit zwei gegensätzliche Komponenten: Die Furcht vor Misserfolg und die Hoffnung auf Erfolg.

Bereits Studierende der Veterinärmedizin ackern sich nach diesem Prinzip durch die Prüfungen. Wo die Einen einfach nur bestehen möchten, unterliegen andere einem so hohen Leistungsdruck, dass sie schlechtere Noten als eine 2 für sich nicht akzeptieren. Solch ein Leistungs-Perfektionismus kann gepaart mit einer massiven Furcht vor Misserfolg so viel Druck aufbauen, dass Prüfungen ohne Valium oder ß-Blocker gar nicht mehr denkbar sind!

Das Bedürfnis nach Kompetenz sollte somit als Motiv auch bei Arbeitnehmern nicht unterschätzt werden. Stichwort ist hier die berufliche Perspektive. Denn auch im Praxisalltag nach der Approbation können Leistungs-Perfektionisten sprichwörtlich „bis zum Umfallen“ arbeiten und bedürfen somit z.B. eher jemanden, der sie bremst, als jemanden, der sie zu noch mehr Leistung antreibt. Wobei hier wieder die Gradwanderung stattfindet, jemanden nicht zu sehr auszubremsen, sonst ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eine neue, vermeintlich bessere Perspektive an anderer Stelle gesucht wird. Andere Team-Mitglieder benötigen dafür eine Führungskraft, die sie an die Hand nimmt und ihnen aufzeigt, dass sie mehr können als sie glauben.

Die gebotenen Perspektiven in einer Praxis oder Klinik sind einer der wesentlichen Punkte, die für heutige Arbeitnehmer zu einem guten Job dazu gehören. Und diese sollten transparent kommuniziert werden. Das heißt: Welche Schritte sind wann möglich (realistisch)? Wie wird gefördert? Was wird von mir erwartet und was kann ich erwarten? – Je transparenter Perspektiven kommuniziert werden, desto eher kann man die Motivation halten und desto seltener kommt es zu Enttäuschungen oder Kündigungen.

Umgang mit dem Streben nach Kompetenz

Um bei der Arbeit mit Team-Mitgliedern die richtige „Strategie“ zu wählen, sollte man ein Gefühl dafür bekommen, um welchen der beiden „Leistungstypen“ es sich womöglich handelt: Ist es ein erfolgsmotivierter oder eher ein misserfolgsvermeidender Typ?

Erfolgsmotivierte wählen meist mittelschwere Aufgaben, die im Vergleich zu vorher geleisteten Aufgaben machbar erscheinen. Sie liegen meist nur leicht über dem vorherigen Niveau, sodass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Erfolgsgefühl einstellt. Dies bedeutet nicht, dass die Aufgabe aus persönlicher Sicht nicht anspruchsvoll ist! – Es wird eine maximale Anstrengung bei maximaler Ausdauer gezeigt bei maximalem Erfolg, der dadurch auch motiviert, noch schwerere Aufgaben zu bewältigen und damit ein höheres Level zu erreichen.

Misserfolgsvermeidende scheuen hingegen Aufgaben, die über ihren bisherigen Kompetenzen liegen. Mittelschwere Aufgaben lösen sie möglichst mit minimaler Anstrengung und minimalem Aufwand zu durchschnittlicher Zufriedenheit. Wählt dieser Typ – immer mal wieder – eine Aufgabe, die weit über dem eigenen Leistungsniveau liegt, dann wird die Furcht vor Misserfolg in den meisten Fällen auch bestätigt. Diese Typen wählen somit Aufgaben, die sie entweder unter- oder tatsächlich überfordern.

Für Führungskräfte ist der Umgang mit Ersteren wesentlich einfacher als mit Letzteren. Diese benötigen mehr Aufmerksamkeit und Führung als diejenigen, die erfolgsmotiviert bereits ihre eigene „Geschwindigkeit“ kennen. Schwierig wird es dann erst, wenn das Streben nach Kompetenz so eine Geschwindigkeit aufnimmt, dass der Praxis- oder Klinikalltag nicht mehr hinterherkommt. In diesem Falle muss man tatsächlich erneut Erwartungen in einem Vier-Augen-Gespräch klären und realistische Ziele definieren.

Für alle anderen Typen gilt: richtig zuhören und fördern!

Motivation entfachen!

Nun hat man also sehr viele verschiedene Charaktere, die alle unterschiedlich gefördert werden müssen. Natürlich, um die Begriffe nochmals aufzugreifen, ist es wichtig, seinem Team auch arbeitnehmerfreundliche Bedingungen zu bieten, respektvollen Umgang sowie Möglichkeiten für zusätzliche Freizeitaktivitäten, um neue Energie für den tierärztlichen Alltag zu tanken und Stress abzubauen. Auch das Gehalt spielt eine Rolle und sollte jeden Mitarbeiter in seiner Leistung wertschätzen. Eine Gehaltserhöhung allein wird die Motivation jedoch nur kurzfristig steigern.

Wer die Kunst beherrscht, sein Team intensiver lesen zu können, wird sich als Führungskraft nochmals hervorheben.  Der eine Mitarbeiter wird dann entsprechend seiner persönlichen Lernkurve herausgefordert, wohingegen andere Mitarbeiter im Selbstwirksamkeits-Gedanken gestärkt werden. Mit diesen Hilfsmitteln (und der dazugehörigen persönlichen Lernkurve) holen Sie am Ende noch mehr Motivation aus jedem Teammitglied heraus.

Wichtig hierbei: Es geht wirklich um alle Team-Mitglieder, die beachtet werden müssen. Ungleichgewichte erfahren umgehende Missbilligung und damit Motivationsverlust! Als Führungskraft sollten Sie somit eine gewisse Zeit einplanen, wirklich von jedem in Ihrer Praxis oder Klinik die jeweiligen antreibenden Motive herauszufinden. Es lohnt sich! Und dazu noch ein wesentlicher Tipp: Fragen Sie, was jeden Einzelnen antreibt! Sie werden sicherlich überrascht sein, was Ihren Mitarbeitern wirklich wichtig ist.

Und dann werden Sie irgendwann an den Punkt gelangen, wo das Team anfängt, Spaß zu machen. Denn individuelle Förderung führt zu Motivation. Und Motivation führt zu Erfolg. Und wird dieser Erfolg gemeinsam im Team gefeiert, führt dies zu weiterer Motivation und so weiter und so weiter. Und spätestens dann werden Sie für sich erkennen, dass sich diese Investition von Zeit und Energie – und einem offenen Ohr – gelohnt hat!

Fazit: Motive führen zu Motivation. Motivation führt zu Erfolg und Erfolg führt zu Stolz, Zufriedenheit und weiterer Motivation. Um dies zu erreichen benötigt man aber einen grundlegenden Baustein: Das Verständnis dafür, welche Motive für jeden einzelnen von Wichtigkeit sind.

Dr. Lisa Leiner

Dr. Lisa Leiner
Frau Dr. Lisa Leiner ist Tierärztin und Diplom Biologin mit dem Schwerpunkt Verhaltensphysiologie und Psychologie. Bis 2019 lag ihr Hauptaugenmerk als Gründerin und Geschäftsführerin von VetStage in der Personalberatung und -akquise im Namen von Kollegen und Kolleginnen.
Seit 2019 verstärkt sie das Team um Tierarzt Plus Partner, um nun noch gezielter für eigene Praxen tätig werden zu können.
Als Autorin des Buches "Stress- und Zeitmanagement für Tierärzte" schreibt sie für das VetStage Magazin Artikel zu Themen wie Selbstmanagement, Kommunikation, Führungsqualitäten und Teamführung.

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