Vergütung von Praktikanten – ja? nein? vielleicht?
Jüngst wurde der Fall der Kollegin Dr. Robra auch öffentlich angesprochen. Hierbei hatte eine junge Dame ein dreimonatiges berufsorientiertes Praktikum vor Ausbildungsbeginn zur TFA bei der Kollegin absolviert. Dieses Praktikum wurde mit 460€ / Monat vergütet. Dem Praktikum folgte der Beginn einer Ausbildung zur TFA, welche jedoch in der Probezeit durch die Arbeitgeberin gekündigt wurde.
Die gekündigte Auszubildende reichte im Anschluss eine Mindestlohnklage ein mit dem Argument, sie sei während des Praktikums als Vollzeitarbeitskraft eingestellt gewesen. (Vollständiger Artikel HIER)
Dieser Fall hat in der Tierärzteschaft eine Diskussion entfacht, wie mit Praktikanten insgesamt umzugehen sei und wie es vor allem mit der Vergütung aussähe.
Um in dieser undurchsichtigen Angelegenheit und Rechtssprechung etwas klarere Sicht zu schaffen, beziehen wir uns hier auf einen Artikel aus dem bpt-Info / Ausgabe 1 / Januar 2017:
Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes
Der Mindestlohn in Höhe von 8,84 € brutto/Zeitstunde gilt für alle Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse, auch in tierärztlichen Praxen und Kliniken (seit 1.1.2017 gilt der Mindestlohn von 8,84 €/Stunde).
Ausnahmen gelten für folgende Personengruppen:
- Auszubildende (zur Tiermedizinischen Fachangestellten), und zwar unabhängig davon, ob diese minderjährig oder erwachsen/volljährig sind.
- Kinder und Jugendliche im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes, also Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung.
- Praktikantinnen und Praktikanten, die ein verpflichtendes Praktikum im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium – wie z. B. nach der tierärztlichen Approbationsordnung – absolvieren.
- Praktika von bis zu 3 Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums, so z.B. ein 3-monatiges Praktikum, das der Berufsausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten „vorgeschaltet“ wird.
- Unter Umständen Praktika für einen Zeitraum von mehr als 3 Monaten, wenn es sich um ein Praktikum im rechtlichen Sinne und nicht um ein verdecktes Arbeitsverhältnis handelt – hierzu wird die Rechtsprechung abzuwarten sein.
Dies hat zur Folge:
Beschäftigungsverhältnisse mit approbierten Tierärztinnen und Tierärzten, die als „Hospitanz“, „Internship“ oder auch nur ganz einfach als „Praktikum“ bezeichnet werden, sind spätestens seit dem 01.01.2015 ohne Zahlung einer Vergütung nicht mehr möglich!
Definition Praktikant (lt § 22 des Mindestlohngesetzes):
Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.
Wichtiger Punkt dabei:
Soll der Praktikant einer Anwesenheitsverpflichtung unterliegen und Arbeitsleistungen denkbar noch so geringer Natur erbringen müssen, so wird in den meisten Fällen tatsächlich ein Arbeitsverhältnis und nicht ein Praktikum vorliegen.
Ist der Ausschluss des gesetzlichen Mindestlohns möglich?
Nein, der gesetzliche Mindestlohn kann nicht ausgeschlossen werden. Vereinbarungen, die den Anspruch auf den Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind unwirksam. Vertragliche Ausschlussfristen für den Mindestlohn sind somit unzulässig; nur in einem gerichtlichen Vergleich kann der Arbeitnehmer auf die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns verzichten. Ein Verzicht im Übrigen ist nach § 3 des Mindestlohngesetzes ausgeschlossen.