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Babyalarm In Der Tierärztlichen Praxis. Darf Bzw. Sollte Eine Schwangere Tierärztin Weiterarbeiten?

Babyalarm in der tierärztlichen Praxis. Darf bzw. sollte eine schwangere Tierärztin weiterarbeiten?

Über die Hälfte der berufstätigen Tierärzte ist inzwischen weiblich, Tendenz steigend. Wie in anderen Berufen auch, aber im tierärztlichen ganz besonders, haben Frauen Probleme, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. Dies ist ein Grund dafür, dass ein großer Teil (ca. 30%) der ausgebildeten Tierärztinnen nicht berufstätig ist – und das, obwohl sie nach dem langen und arbeitsintensiven Studium hochqualifizierte Arbeitskräfte darstellen!

Das „Problem“ für Tierärztinnen beginnt i.d.R. aber nicht erst, wenn das Baby da ist, sondern bereits in der Schwangerschaft, da am tierärztlichen Arbeitsplatz zahlreiche Gefahren für Mutter und Kind lauern können. Eine Schwangerschaft muss und sollte jedoch nicht bedeuten, dass sich die Tierärztin zwischen ihrem Beruf und dem Mutterdasein entscheiden muss. Denn: für eine werdende Mutter besteht KEIN grundsätzliches Beschäftigungsverbot in einer tierärztlichen Praxis oder Klinik (dies gilt nur für die unverzichtbare Mutterschutzfrist von 14 Wochen um den Entbindungszeitpunkt).

Die Gründe dafür, dass es trotzdem oft zu einer sofortigen Freistellung einer schwangeren (angestellten) Tierärztin kommt, liegt zum einen am Sicherheitsbedürfnis der werdenden Mutter und/oder des Arbeitgebers und zum anderen am mangelnden Wissen darüber, welche Aufgaben eine schwangeren Mitarbeiterin in der Praxis/Klinik noch übernehmen darf. Hier besteht also dringender Aufklärungsbedarf!

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Wichtige Einschränkungen während der Schwangerschaft und Stillzeit

Sobald eine angestellte Tierärztin ihre Schwangerschaft bekannt gibt, müssen entsprechende Beschäftigungseinschränkungen umgesetzt und strenge Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Denn: Um die werdende und stillende Mutter vor Überforderungen,  gesundheitlichen Schäden und Gefahren zu schützen, ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass der Arbeitsplatz und die Arbeitsbedingungen sorgfältig überprüft und gegebenenfalls verändert werden.

Zum Schutz vor Überforderungen sieht das Mutterschutzgesetz folgende Verbote vor:

  • keine Mehrarbeit von mehr als 8,5 Std. am Tag
  • keine Arbeit nachts, an Sonn- und Feiertagen

Beschäftigungseinschränkungen zum Schutz vor gesundheitlichen Schäden:

  • keine schwere körperliche Arbeit (z.B. Geburtshilfe) sowie Vermeidung von regelmäßigem schweren Heben von Lasten (z.B. schweren Tieren)
  • Vermeidung von zu langem Stehen und Arbeiten in Zwangshaltung (z.B. häufiges Hocken oder Bücken)
  • Keine Röntgentätigkeiten (außerhalb des Kontroll- und Überwachunsgbereiches)
  • Verbot von Umgang mit Gefahrstoffen, die giftg sind oder bei Überschreitung der Grenzwerte zu (chronischen) gesundheitlichen Schäden führen können (z.B. Narkosegase, Zytostatika).
  • Keine Tätigkeiten mit erhöhter Infektionsgefahr, wie Geburtshilfe, Umgang mit Krankheitserregern (z.B. Labortätigkeiten, Untersuchungen von Blut, Kot oder Urin) oder Untersuchung und Behandlung kranker Tiere

Zum Schutz vor (Verletzungs-/Unfall-)Gefahren dürfen schwangere Mütter folgende Tätigkeiten nicht ausüben:

  • Tätigkeiten, bei denen es zu Abwehrreaktionen von Tieren kommen kann (z.B. rektale Untersuchung von Großtieren)
  • Tätigkeiten mit schneidenden und stechenden Gegenständen (z.B. Operationen, Gabe von Injektionen)
  • Tätigkeiten auf glitschigen Böden (z.B. in Stallungen), um ein Ausrutschen zu verhindern

Falls die Arbeitsplatzbeurteilung ergibt, dass für Sicherheit oder Gesundheit der werdenden oder stillenden Mutter Gefährdungen bestehen, muss der Arbeitgeber geeignete Schutzmaßnahmen veranlassen. Dazu zählen Umgestaltung von Arbeitsplatz und -bedingungen, Arbeitsplatzwechsel oder – wenn die Einhaltung von Beschäftigungsverboten nicht sichergestellt werden kann – die generelle Freistellung (über diese wird auf Antrag des Arbeitgebers von der Aufsichtsbehörde entschieden). Die schwangere oder stillende Tierärztin darf in diesem Fall auch nicht mehr länger beschäftigt werden, wenn sie selber den Wunsch äußert, ihre bisherige Tätigkeit in risikobehafteten Bereichen fortzusetzen!   

 

Eine Schwangerschaft muss und sollte für eine Tierärztin NICHT automatisch das Karriereende bedeuten!

Auch wenn zahlreiche bürokratische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz von Mutter und Kind ergriffen werden müssen (z.B. das Beiseite-Stellen eines zusätzlichen Helfers), ist ein sofortiger beruflicher Ausstieg der schwangeren Tierärztin nicht die einzige und schon gar nicht die beste Lösung! Denn: Zum einen ist es meist nicht leicht, gerade für spezialisierte Tierärztinnen in einem gut eingespielten Team einen Ersatz zu finden. Zum anderen ist der berufliche Wiedereinstieg für Frauen, die für längere Zeit nicht ihrer tierärztlichen Tätigkeit nachgehen, oft mit Problemen verbunden. Deshalb sollte die Weiterbeschäftigung einer Schwangeren in einer tierärztlichen Praxis bzw. Klinik immer im Einzelfall entschieden werden.

In den meisten Fällen kann v.a. in größeren Kleintier-Praxen und Kliniken ein generelles Beschäftigungsverbot vermieden werden. Durch Vorsichtsmaßnahmen und faire Absprachen zwischen Arbeitgeber und –nehmer können bestehende Tätigkeiten beibehalten bzw. neue gefunden werden. Dazu ist zwar unter Umständen ein gewisser Einfallsreichtum erforderlich plus das Beiseite-Stellen eines zusätzlichen Helfers, aber die Mühe sollte es wert sein. Werdende und stillende Tierärztinnen können u.a. administrative Tätigkeiten (z.B. Rezeption, Abrechnungswesen, Praxisorganisation) übernehmen, Sichtkontrolle bei großen Tieren durchführen oder in die Apotheke bzw. in Laborbereiche mit geschlossenen Systemen wechseln.

 

Herausforderungen machbar!

Dem Arbeitgeber werden die Kosten, die bei einer schwangeren Mitarbeiterin anfallen, von der Krankenkasse erstattet. Dazu zählen der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, die Entgelftfortzahlung bei Beschäftigungsverboten sowie i.d.R. der Arbeitgeberanteil vom Gesamtsozialversicherungsbeitrag.

Es darf natürlich nicht vergessen werden, dass die Schwangerschaft einer angestellten Tierärztin für die Praxis bzw. Klinik eine große organisatorische Herausforderung darstellt. Aus Fairness sollten Mitarbeiterinnen mit Kinderwunsch ihren Arbeitgeber deshalb so früh wie möglich darüber informieren (auch wenn dies erst bei Eintritt der Schwangerschaft verpflichtend ist), so dass Arbeitsplatz und –bedingungen angepasst werden können und gegebenenfalls rechtzeitig nach einer Vertretung gesucht werden kann. Auch vor dem Unterzeichnen eines neuen Arbeitsvertrages sollte dem Arbeitgeber eine bereits bestehende Schwangerschaft nicht verheimlicht werden, da dies das Arbeitsverhältnis unnötig belasten und sehr wahrscheinlich zu keinem langfristigen Erhalt der Stelle beitragen würde. Der Sonderkündigungsschutz für (werdende) Mütter besteht nämlich nur während der Schwangerschaft bis vier Monate nach der Entbindung.

Nur durch faires Handeln auf Seiten der Arbeitgeber und auch –nehmer und durch Abbau von Vorurteilen gegenüber schwangeren Mitarbeiterinnen u.a. durch bessere Verbreitung von Informationen, kann langfristig ein Umdenken erreicht und die teilweise bestehende direkte oder indirekte Diskriminierung von Frauen vermieden werden. Denn: Keine Frau sollte sich prinzipiell entscheiden müssen, ob sie Tierärztin ODER Mutter sein will!

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Über die Autorin:
Tonia Olson hat 2005 ihr Veterinärmedizin-Studium in München abgeschlossen. Bei ihrem anschließenden mehrjährigen Aufenthalt in Skandinavien war sie u.a. in einer städtischen Gemischtpraxis tätig. Nach der Elternzeit arbeitet sie nun in einer Kleintierpraxis in der Nähe von München. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder, eine Katze und einen Hund.

Gast

Hierbei handelt es sich um einen Gastartikel. Informationen über den jeweiligen Autor / die jeweilige Autorin entnehmen Sie bitte dem Text.

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