
Tiermedizin in Wien – eine Überlegung wert
Erfahrungsbericht einer Tiermedizinstudentin aus Wien
Wien ist bekannt für die Oper, zahlreiche kulturelle Schmankerl, den Prater und den originellen Wiener Schmäh. Wien tummelt sich als Dauergast auf der Liste der lebenswertesten Städte der Welt. Die Wiener wären jedoch viel zufriedener mit einem Titel als die unfreundlichste Stadt. Sie sind Grantler, aber authentisch und liebenswert. Die Veterinärmedizinische Universität ist eine weitere Perle Wiens. Dieses Jahr ist die Vetmed Uni unter den Top 5 im Shanghai Global Ranking of Academic Subjects vertreten, also absolute Spitzenklasse. Warum also nicht dort Tiermedizin studieren?
Zulassung an deutschen Universitäten
Viele wollen schon seit ihrer Kindheit Tiermedizin studieren, doch die wenigsten powern dafür die komplette Schulzeit durch, um ein super Abitur zu erreichen. Die Zulassung für Veterinärmedizin wird in Deutschland hauptsächlich durch die Abiturnote geregelt, ob gute Noten automatisch gute Tierärzte machen, sei mal dahingestellt. Allerdings wird sich das Aufnahmeverfahren zum WS 2020/21 ändern, da ein Medizinertest eingeführt werden soll, der prozentual gewertet bei der Zulassung eine Rolle spielt. Bisher konnte man mit einem mittelmäßigen Abitur nur warten oder am Losverfahren teilnehmen, wofür man einen langen Geduldsfaden oder Glück braucht. Möchte man nicht ca. sechs Jahre Wartesemester absitzen, ist Wien für manche eine echte Chance.
Aufnahmeverfahren in Wien
In Wien wird man zugelassen, wenn man möglichst viele Punkte in einem Multiple Choice Test aus den Bereichen Biologie, Physik und Chemie, sowie berufsspezifischen Fragen erzielt. Die Noten des letzten Schuljahres spielen nur eine untergeordnete Rolle. Egal wie mies Matura oder Abitur waren, strengt man sich im Test an, steht dem Traumstudium nichts im Weg. Das oft kritisierte Aufnahmesystem in Deutschland, wo bisher alleine die Noten berücksichtigt werden und nicht das tiermedizinische Können, schneidet im Vergleich zu Wien schlecht ab. Wer Einsatz zeigt und das Studium wirklich will, kann den Test locker schaffen.
Ein weiteres Plus, abgesehen vom nicht vorhandenen NC ist, dass das Studium auf Deutsch abgehalten wird und es keine hohen Studiengebühren gibt. Das Studium ist anstrengend genug, so dass man auf die zusätzliche Schwierigkeit einer Fremdsprache auch gerne verzichten kann. Etwas Österreichisch sollte man jedoch schon verstehen können, sonst kann es manchmal schwierig werden.
Studentenleben an der Vetmed Wien
Jedes Semester gibt es 205 verfügbare Plätze, was heißt, dass man sich gut untereinander kennt. Es herrscht ein fast schon familiäres Klima. Die Studenten sind gut organisiert, es gibt zahlreiche Veranstaltungen und Aktionen mit Bier- und Essensständen, Tanzkursen oder Chirurgie Kursen. Zusammengefasst: es ist immer was los. Wenn man will kann man eigentlich auch auf der Uni leben, da immer was geboten ist. Jeden Donnerstag werden im Hörsaal K die Hüften geschwungen und es bleibt auch keine Kehle trocken. Die Unipartys sind für viele eine willkommene Abwechslung zum lernintensiven Studium.
Praktische Elemente des Studiums
Veterinärmedizin ist ein weites Feld. Dementsprechend beinhaltet das Studium sehr viel Theorie, was auch gut ist. Die Praxis kommt da oft etwas zu kurz und liegt stark in der Eigenverantwortung der Studierenden. Es wird jedoch versucht mehr praktische Elemente schon ab den ersten Semestern einzubauen. Im 1. Semester ermöglichen Fächer wie Umgang mit Tieren Kontakt zu Wiederkäuern, Pferden und Kleintieren in den Kliniken der Uni. Im 2. Semester kann man das Wahlfach Notfalldienst auf der Klinik für Gynäkologie belegen, dort Ambulanzdienste mitmachen und Klinikluft schnuppern. Der verstärkte Fokus auf eine praktische Ausrichtung des Studiums setzt sich auch in den weiteren Semestern fort u.a. mit den klinischen Rotationen und den Modulvertiefungen.
Besseres Lernen mit guten Freunden
Lernintensiv bleibt das Studium natürlich trotzdem. Tierartliche Unterschiede, anatomische Feinheiten und Physik Protokolle wandern nicht im Schlaf ins Gehirn und schreiben sich auch nicht von selbst. Im Kollektiv, mit guten Freunden lernt es sich aber gleich viel leichter, und wie immer gilt das Motto: ein Hoch auf die Altfragen, oder wie weise Studenten beim Sezieren im Anatomiesaal sagen: was du nicht kannst beschreiben, das musst du schnell wegschneiden.
Klar ist Veterinärmedizin kein Zuckerschlecken, mit langen Nächten, viel Kaffee, und der einen oder anderen Träne, aber in besonderen Momenten, merkt man wieder wofür man es macht. Hilft man bei einer schwierigen Geburt, einer spannenden Operation oder verfolgt eine erfolgreiche Genesung, zahlt sich jede Sekunde aus.
Es ist jedoch ein Studium für Idealisten und nur wegen dem Geld tut sich das keiner an, weil zumindest am Anfang nicht besonders viel dabei rausspringt verglichen mit den Anforderungen des Berufes und dem ganzen Aufwand des Studiums. Das sollte sich aber in Zukunft ändern. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein wichtiger Eckpfeiler der Arbeitswelt, mit der sich die Arbeitgeber auseinandersetzen müssen, um zufriedene Mitarbeiter zu haben.
Das Aufnahmeverfahren 2019 ist leider schon abgeschlossen, aber falls Interesse geweckt wurde, kann man sich auf der Homepage der Vetmed Uni Wien über die Termine für 2020 informieren.
Und für alle, die bereits über einen Studienplatz verfügen und sich damit ins „Tierärztliche Leben“ stürzen sei noch auf den VetStage-Karriereplaner hingewiesen: Dieser begleitet euch von Anfang an mit Fortbildungsangeboten, spannenden Artikeln aus dem VetStage-Magazin und interessanten Jobvorschlägen. Jetzt kostenfrei registrieren und testen! www.vetstage.de/arbeitnehmer

Privatfoto Daniela Diepold
Autorin: Daniela Diepold