Fachbeitrag
Ein Beitrag von  Christian J. Gabrielse,  tierarzt-online.org auf VetStage Quelle: shutterstock_641203954_20211016

Mit Online-Sprechstunden aufs richtige Pferd setzen

erstellt am 27. Mai 2023

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Die Deutschen sind als besonders tieraffin bekannt. Laut Statista leben in deutschen Haushalten allein über 10 Millionen Hunde und fast 15 Millionen Katzen – Kaninchen, Meerschweinchen und Kanarienvögel erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit. Dazu kommen Sport- und Freizeitpferde, Großtiere wie Schafe, Ziegen und Rinder. Etwa 22.000 praktizierende Tierärzte in Deutschland kümmern sich um deren Wohl, berichtet das Deutsche Tierärzteblatt im Jahr 2020.
Was uns als niedergelassenem Tierarzt fehlt, sind genügend qualifizierte Mitarbeitende, die den Run auf die Sprechstunde, den Bedarf an Operationen und vor allem die Notdienste zu stemmen. Kein Wunder, dass die Stellenangebote „Tierarzt (m/w/d) für Praxis gesucht“ oder „Wir suchen Sie – Tierklinik XY“ in einschlägigen Jobportalen endlose Seiten füllen. Die Resonanz geht gegen null.

 

Die Tiermedizin ist weiblich – ja und?

Darüber, wie das Problem der hohen Arbeitsbelastung respektive des Tierärztemangels gelöst werden könnte, wird in der Veterinärmedizin seit Längerem diskutiert. Mal sind die weiblichen Mitglieder der Zunft „schuld“, die mit Beginn der Familienplanungsphase oft für Jahre vom Arbeitsmarkt verschwinden. Schließlich schreibt das Mutterschutzgesetz vor, dass ab Feststellung der Schwangerschaft keine risikoträchtigen Tätigkeiten mehr erlaubt, sprich im Falle von Tierärztinnen in der Regel Tierkontakte zu vermeiden sind. Gerade Frauen überlegen es sich daher zweimal, ob sie eine Tierarztpraxis eröffnen oder eine leitende Funktion in einer Tierklinik übernehmen wollen. Ist ja spätestens als werdende Mutter sowieso alles erstmal gecancelt. Und 90 Prozent der Studienabgänger mit Examen in der Veterinärmedizin sind heute eben weiblich.

 

Work-Life-Balance? Fehlanzeige!

Dann wieder liegt es an der hohen Arbeitsbelastung – wir sprachen gerade davon –, dass sich junge Tierärztinnen und Tierärzte den Praxisdienst nicht mehr antun wollen. Durchaus verständlich. Was bei vielen als Wunschberuf begann, entpuppte sich erst im schweren Studium und anschließend beim Einstieg in die Arbeitswelt als ziemliche Schinderei. Irgendwann macht dann auch ein noch so großer Idealismus die viele Arbeit und den schmalen Verdienst nicht mehr wett. Da tauschen dann viele doch lieber den Arzt- mit dem Laborkittel und gehen in die Forschung, Industrie oder Veterinäramt – mit geregelten Arbeitszeiten, mehr Anerkennung im Job und langfristigen Perspektiven, auch nach der Elternzeit.

 

Die Lösung: Sprechstunden online anbieten

Höchste Zeit also, dass sich etwas tut. Als Inhaber der mobilen Pferdepraxis Equiwell und aktiv in der Berufspolitik in Nordrhein weiß ich, wo bei vielen von uns der Schuh drückt. Pferde sind meine Leidenschaft. Ich lebe und arbeite seit über vier Jahrzehnten in Deutschland, und die Tiermedizin ist mein Herzblut – und deshalb gehe ich nun in die Offensive.
Telemedizin ist in meinen Augen das Mittel der Wahl, um Tierarztpraxen und Tierkliniken zukunftsfähig zu machen. Nicht von ungefähr ploppen in der letzte Jahre Online-Portale für Video-Sprechstunden in der Tiermedizin wie Pilze aus dem Boden – ob bei Start-ups, die von Betriebswirten geleitet werden, bei denen die Qualität der Versorgung der Tiere immer im Vordergrund steht, sei dahingestellt …

 

Von Telemedizin profitieren Mensch und Tier

Online-Sprechstunden haben das Potenzial, den hektischen Praxisalltag zu entzerren: weg von übervollen Wartezimmern, langen Konsultationen bei Bagatellfällen – Stichwort Flöhe – und dem Ausreizen Deiner Multitasking-Fähigkeiten. Mit zusätzlich angebotenen digitalen Sprechstunden wird wieder Raum und Zeit geschaffen für das, was ursprünglich der Grund für Deine Berufswahl war: erkrankten Tieren mit Deinem Fachwissen gut zu helfen. Wenn tatsächlich nur noch diejenigen Tierpatienten in die Klinik oder Praxis gebracht würden, die eine persönliche Untersuchung und Diagnostik benötigen, wäre viel gewonnen. Denn sind wir mal ehrlich: Viele Tierhalter benötigen einfach eine Beratung. Und das braucht Zeit, die dann für andere Fälle fehlt.
Telemedizinische Angebote können also die Vor-Ort-Versorgung sinnvoll ergänzen, indem mit den Tierhaltern am Smartphone oder Tablet solche Fragen geklärt werden:

·        „Kann es sein, dass mein Hund eine Futtermittelallergie hat? Er kratzt sich andauernd.“

·        „Wie schlimm ist das, was ich bei meiner Katze gerade beobachte?“

·        „Was kann ich tun, um meinem Liebling schnell zu helfen?“

·        „Muss ich sofort mit meinem Kaninchen in die Tierklinik oder reicht es, wenn ich morgen zum Tierarzt in die Praxis gehe?“

Mindestens 75 Prozent der Fälle, die in Tierarztpraxen tagtäglich im Wartezimmer sitzen – oder wie in Corona-Zeiten bei Hitze und Kälte vor der Praxistür ausharren – sind nach Erfahrung vieler Kolleginnen und Kollegen Bagatellfälle. Erfahrene Tierärzte könnten hier auch am Bildschirm meist schnell einschätzen, ob sie den Tierbesitzern gezielte Maßnahmen empfehlen und ihnen erklären können, was zu tun ist, oder ob sie das kranke Tier in der Praxis oder im Stall sehen müssen. Dadurch werden nicht nur die Besitzer von Heimtieren, die in ihrer Sorge um den tierischen Liebling schnell Rat bekommen, sondern auch die Tierärzte entlastet.

Fazit: Wenn eine ambulante oder stationäre Behandlung eindeutig nicht notwendig ist, reicht der gute Rat vom (Tele-)Tierarzt – schnell, kompetent und: nach Gebührenordnung abrechenbar!

Ferndiagnose – (k)ein Schreckgespenst?

Sprechstunden per PC, Smartphone oder Tablet haben einen unschlagbaren Vorteil: Du kannst mit Deinen Kolleginnen und Kollegen gemeinsam angeboten erstellen und zeitlich völlig flexibel vereinbart werden. Ob Du Dich mit anderen Tierarztpraxen vernetzen oder Deine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter miteinbinden, bleibt Dir überlassen.
Im Online-Kalender wird eingetragen, wer wann Video-Sprechstunden anbieten möchte. Damit verteilt sich zum Beispiel die Last der Notdienste auf viele Schultern – auch auf solche von Tierärztinnen in Elternzeit, für die eine Begutachtung des Tierpatienten per Smartphone-App auch während der Schwangerschaft oder Stillzeit risikofrei möglich ist. Fütterungsberatung, Flohdiagnostik oder die Nachsorge nach einer Beh

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Christian J. Gabrielse

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