Fallbeispiel
Ein Beitrag von  Dr. Cole (Oberärztin Intensivmedizin / Innere) und Dr. Döring (Oberärztin Chirurgie), Ariana Affeldt (Stationsärztin),  Tierklinik Dr. Trillig Obertshausen auf VetStage

Not-OP: Eine Nierenpatientin auf Messers Schneide

erstellt am 14. November 2022

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Die ein Jahr und vier Monate alte Rhodesian Ridgeback-Hündin Luna wurde am 5. Oktober in der Tierklinik Trillig vorgestellt. Sie kommt aus Deutschland, wird regelmäßig in unserer Klinik geimpft und entwurmt, hat keine Vorerkrankungen oder Dauermedikationen. Der Ernährungs- sowie der Pflegezustand waren stets gut.

Anamnese

Vorberichtlich fraß Luna seit drei bis vier Tagen schlecht. Da sie gerade das zweite Mal läufig gewesen war, hatten die Besitzer:innen dies ursprünglich auf eine vermeintliche Scheinträchtigkeit zurückgeführt, die bereits bei der letzten Läufigkeit auftrat. Ansonsten zeigte sich Luna die letzten Tage unauffällig. Die Futteraufnahme und der Kotabsatz waren ohne besondere Abweichungen. Erst am Morgen der Vorstellung zeigte Luna einen einmaligen Vomitus, der laut Besitzer:innen wie Kot aussah. Nach völlig normaler Bewegung am Morgen legte sich Luna plötzlich nieder und konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. 

Klinische Untersuchung

Bei der Allgemeinuntersuchung in unserer Klinik befand sich Luna bereits in Seitenlage, jedoch noch bei Bewusstsein und ansprechbar. Die Temperatur lag bei 40,1°C, die Schleimhäute waren blass-rosa und pappig und die kapilläre Rückfüllungszeit betrug drei Sekunden. Herz und Lunge zeigten sich auskultatorisch unauffällig bei einer Herzfrequenz von 180/min, die der Pulsfrequenz entsprach. Das Abdomen war hochgradig dolent. 

Um Luna zu stabilisieren und dem Schock entgegenzuwirken, wurden als Sofortmaßnahmen ein peripherer Venenkatheter gelegt und eine Infusion von zwei Litern im Schuss angehängt.

Weiterführende Untersuchungen

In der röntgenologischen Untersuchung konnten vergleichsweise verminderte Details festgestellt werden. Auf der Höhe der Ureteren waren zwei röntgendichte Strukturen ersichtlich.

Die sonografische Untersuchung des Abdomens zeigte die Harnblase mit fraglicher ventraler Wandverdickung, geringgradig korpuskulären Bestandteilen und ohne schallauslöschende Strukturen. Die Milz war mittelgradig vergrößert, während die Durchblutung sowie die Parenchymstruktur unauffällig waren. Die linke Niere konnte ohne abweichende Befunde dargestellt werden, die rechte Niere war jedoch hochgradig vergrößert mit einem gestautem Nierenbecken und hyperechogen fleckigem Parenchym. Der Magen war nicht gegen die anderen Organe abzugrenzen. Bei der Sonografie der Darmregion konnte eine gesteigerte Peristaltik und eine Korrugation des gesamten Kolons festgestellt werden. Das hyperechogene und aufgequollene Peritoneum deutete auf eine Peritonitis hin.

Das Punktat der freien Bauchhöhlenflüssigkeit zeigte sich mittelgradig vermehrt und zellreich. In der Analyse konnte es als blutiges Exsudat mit Neutrophilen Granulozyten und einer hochgradigen Kokken-Ansammlung identifiziert werden, was die Diagnose eines septischen Abdomens bestätigte. Der Kreatininwert des Punktates lag bei 2,9 mg/dl.

Die Blutuntersuchung ergab eine hochgradige Erhöhung des C-reaktiven Proteins auf 29,7 mg/dl, eine geringgradige Erhöhung des Kreatinins auf 2,1 mg/dl sowie eine geringgradige Hypoalbuminämie auf 2,1 g/dl. Der Hämatokrit und die Leukozytenzahl lagen in der Norm.

Als zusammenfassende Befunde der Untersuchungen hatten wir also einen hochgradigen Hämaskos, eine hochgradige Nephropathie der rechten Niere, den Verdacht auf verlegte Ureteren, den Verdacht auf ein Pyoabdomen sowie einer generellen Peritonitis. Aufgrund dieser Befunde und des schlechten Allgemeinbefindens wurde Luna sofort notoperiert. 

Die Not-Operation: Nephrektomie der rechten Niere

Entsprechend der allgemeinen Untersuchung hatte Luna in der präoperativen Herz-Kreislauf-Untersuchung ein hochgradig reduziertes Allgemeinbefinden mit mittelkräftigem Puls, pappigen Schleimhäuten und einer Herzfrequenz von 180/min. Daher wurde sie in die ASA-Klasse 4 bzw. 5 eingeordnet.

Mit der Eröffnung der Linea alba während der medianen Laparotomie konnte der hochgradige blutige Aszites bestätigt werden. Der Darm war makroskopisch unauffällig, der Magen mittelgradig gasgefüllt und das große Netz blutig imbibiert. An der hochgradig vergrößerten rechten Niere lag die dilatierte und rupturierte Nierenkapsel an. Bei Manipulation der Niere entleerte sich eine hochgradige Menge blutig-eitrigen Sekrets. Die vollständige Eröffnung der Nierenkapsel erlaubte den Blick auf die makroskopisch hochgradig veränderte Niere. Der Uterus war makroskopisch unauffällig, jedoch mit der kaudalen Nierenkapsel der rechten Niere verklebt. Der rechte Ureter war hochgradig dilatiert und am Übergang zur Blase konnten harte, steinähnliche Gebilde palpiert werden.

Eine Nephrektomie der rechten Niere erwies sich als unabdingbar und wurde mittels Ligaclips vorgenommen. Der Uterus wurde teilreseziert und die Ligatur des rechten Uterushorns erfolgte nahe der Zervix. Die Uretersteine wurden entfernt und der Ureter blasennah ligiert. Es wurden eine pathohistologische Untersuchung der entnommenen Organe sowie eine Harnsteinanalyse eingeleitet.

Hintergrund der Harnsteine

Die Harnsteinanalyse ergab, dass es sich bei den Uretersteinen um Struvitsteine (Magnesium-Ammoniumphosphat-Hexahydrat) handelte. Die Voraussetzungen für die Entstehung von Struvitsteinen sind zum einen eine erhöhte Konzentration an Magnesium, Ammonium und Hydrogenphosphat im Urin, zum anderen ein meist alkalischer Urin-pH und häufig gibt es eine Verbindung mit bakteriellen Harnwegsinfektionen. Die Therapie und gleichzeitige Rezidivprophylaxe bestehen in einer diätetischen Steinauflösung, einer antibiotischen Therapie der Harnwegsinfektion nach Antibiogramm, einer Ansäuerung des Urins mittels Ammoniumchlorid oder L-Methionin und/oder der regelmäßigen Bewegung des Patienten mit regelmäßigem Harnabsatz. Wichtig: Die Ansäuerung des Harn sollte hierbei nicht gleichzeitig mit einer stein-auflösenden Diä

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Dr. Cole (Oberärztin Intensivmedizin / Innere) und Dr. Döring (Oberärztin Chirurgie), Ariana Affeldt (Stationsärztin)

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