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Ein Beitrag von  VetStage im Interview mit Alejandro Rubio-Guzman ,  Anicura Tierklinik Bielefeld auf VetStage

Zwischen Skalpell und Wiege: Alejandro über globale Herausforderungen und familiäre Balance “Das einzige kritische ist Social Media”- Alejandro, Kleintierchirurg und Vater im Interview

erstellt am 16. Februar 2024

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“Das einzige kritische sind die Äußerungen auf Social Media”- Alejandro, Kleintierchirurg und Vater im Interview”- Alejandro, Kleintierchirurg und Vater im Interview

In einer Welt, die gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringt, ergeben sich auch Herausforderungen in der Tiermedizin. Alejandros internationale Erfahrungen aus unterschiedlichen Kulturen haben seine Sichtweise geprägt, besonders im Hinblick auf die Arbeit in der Tierklinik Bielefeld und das Gleichgewicht zwischen Beruf und Familie. Seine Perspektiven zu Teamgeist, beruflichen Herausforderungen und dem Familienleben erfährst du in diesem Interview. Lass dich inspirieren und entdecke vielleicht neue Wege für deine eigene Praxis.

Erzähl doch mal etwas über deine bisherige Laufbahn und seit wann du in der Tierklinik Bielefeld arbeitest?

Ich komme ursprünglich aus Venezuela und habe dort mein Tiermedizinstudium abgeschlossen. Im Jahr 2003 arbeitete ich das erste Mal in Deutschland an der LMU München. Von 2008 bis 2012 habe ich eine Residency in der Chirurgie an der Uni Gent in Belgien absolviert. Nun arbeite ich seit 2013 bis heute in der Tierklinik Bielefeld, seither ausschließlich in der Kleintierchirurgie.

Du bist auch Vater. Kannst Du uns ein wenig mehr darüber berichten, wie Du diese anspruchsvolle Arbeit mit dem Familienleben unter einen Hut bringst? Wie organisiert ihr euch da?

Ja, unser erstes Kind kam 2010 auf die Welt, unser zweites 2014.

Anfangs verstand ich überhaupt nicht, was es bedeutete, Vater zu sein, da ich mich im Juli 2010 mitten in meiner Residency befand. Erst allmählich erkannte ich, was es bedeutete, Tag für Tag so spät von der Universität nach Hause zu kommen, weil ein Kind auf mich wartete.

Wie lange hast du gebraucht, um dich umzustellen?

Meine Frau hat mir in der frühen Phase relativ viel Freiraum gelassen. Doch es wurde schnell klar, dass eine neue Verpflichtung auf mich zukam: Es gab ein Kind zu Hause, also musste ich zurückkehren. Ich konnte nicht mehr endlos und stundenlang fernbleiben, wie ich es gewohnt war. Ich würde sagen, die Anpassung dauerte etwa sechs Monate. Ja, es war die Eingliederung in den Alltag, in den Klinikbetrieb, als Vater und Mutter. Und meine Frau und Mutter unserer Kinder ist ebenfalls Tierärztin hier. Das machte die Situation besonders intensiv und spannend.

Und wie schafft ihr den Klinikalltag und welche Herausforderungen gibt es? Wie organisiert ihr euch da?

Wir verfügen hier über ein relativ gutes Ausgleichssystem für Überstunden und Wochenendarbeit. Daher ist stets einer von uns zu Hause, um sich nachmittags um die Kinder zu kümmern, definitiv auch am Wochenende. Gefühlt ist jedoch immer nur einer von uns bei ihnen, nicht wir alle vier als Familie. Wir haben uns schon vor langer Zeit dazu entschieden, in der Klinik zu arbeiten und möchten dies auch beibehalten.

Deshalb sind wir mittendrin. Man gewöhnt sich quasi daran, es ist zur Gewohnheit geworden, so einfach ist das.

Was ist deiner Meinung nach die größte Herausforderung? Was ist das Schwierigste am Alltag in der Klinik?

Die Situationen sind vielfältig. Vor allem sind die Erwartungen der Tierbesitzenden sehr, sehr hoch. Man fühlt sich oft wie eine Insel, als Tierarzt, mit der ausschließlichen Zuständigkeit für die eigenen Patienten. Täglich habe ich eine bestimmte Anzahl an Patienten zu betreuen und es bleibt einfach nicht genug Zeit, jedem einzelnen so viel Zeit zu widmen, wie ich gerne würde. Das ist sehr herausfordernd und belastend. Das möchte ich nicht schönreden.

Es ist ebenso eine Herausforderung, die Trennung zwischen Beruf und Privatleben zu meistern, da ich mit meiner Frau zusammen in der Tierklinik arbeite. Mein Wunsch ist es, nach Hause zu kommen und abzuschalten, um dann in die Rolle des Vaters zu schlüpfen und mich voll und ganz auf meine Kinder zu konzentrieren.

Allerdings sprechen wir oft noch über Patienten und Dinge aus dem Klinikalltag und das ist für die Kinder oftmals verwirrend. Manchmal lachen sie uns dafür aus, aber gelegentlich äußern sie den Wunsch nach mehr gemeinsamer Zeit. Es ist wirklich schwierig, abzuschalten, um sich darauf zu konzentrieren,  was die Kinder gerade z.B. in der Schule beschäftigt, sei es nun Mathe, Biologie, Englisch oder Deutsch an der Reihe sind.

Wir mussten uns aneignen, ernsthaft zu reflektieren, wie der Tag verlaufen ist. Und auch zu sagen: Jetzt sind die Kinder dran.

Das bedeutet, dass ihr viel kommuniziert und offen dafür seid, dass eure Kinder auch mal sagen: "Hey, jetzt ist Schluss. Die Arbeit ist vorbei."

Ja, entweder die Kinder selbst, oder auch wir. Meistens sage ich es. Aber jetzt, da sie älter sind, bringen sie ihre Bedürfnisse nach Aufmerksamkeit direkt zum Ausdruck. Und das ist in Ordnung. Dann kann ich nicht weiterhin mit Tierbesitzenden telefonieren oder vor dem Computer sitzen, wenn die Kinder meine Aufmerksamkeit benötigen. Dann schaltet man einfach um.

Wenn du eine/n jüngere/n Kolleg:in triffst, die/der den Berufswunsch hat, Tierärzt:in zu werden und gleichzeitig den Wunsch hegt, eine Familie zu gründen, welchen Rat würdest du ihr/ihm geben? Was ist dein wichtigster Tipp als Vater?

Es ist entscheidend zu erkennen, dass es im Leben mehr gibt als nur den Beruf. Diese Erkenntnis ist wichtig, weil sie die einzige Möglichkeit bietet, sich auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt: Als Mensch hat man ein Leben. Wenn man in der Tiermedizin tätig ist, kann es sich anfühlen, als befände man sich in einer Parallelwelt oder auf Wolke sieben. Natürlich ist es eine Leidenschaft, und es ist wunderbar, Tieren helfen zu können, zur Heilung ihrer Gesundheit beizutragen und damit den Lebensunterhalt zu verdienen.

Trotz dieser Freude, in diesem Bereich zu arbeiten, darf man den Beruf nicht als das einzige Ziel im Leben sehen. Gerade wenn man Kinder hat, erkennt man, was wirklich wichtig ist. Diese Prioritätensetzung ist essentiell, um ein Gleichgewicht zu finden und sich auch außerhalb der Klinik zu fokussieren und Energie ins Familienleben zu stecken – eine Balance zu finden, die der eigenen Familie den notwendigen Schutzraum bietet. Sodass die Erkenntnis eintritt: Ah, es gibt ein Lebe

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