Fachbeitrag
Ein Beitrag von  Tierarztpraxis Dr. Nicole Brüchert
,  Tierarztpraxis Dr. Nicole Brüchert auf VetStage

Anästhesiologische Versorgung bei Hund und Katze - eine Kurzfassung der Leitlinie

erstellt am 17. Februar 2022

Hinweis: VetStage ist nicht für den Inhalt verantwortlich. Bitte wende dich bei Rückfragen direkt an den Verfasser.

Das Risiko an einer Allgemeinanästhesie zu versterben liegt für Tiere in einem Bereich, der in der Humanmedizin bereits 1940 erreicht wurde. In der Humanmedizin konnte in den letzten Jahrzehnten die Anästhesie-assoziierten Mortalität deutlich reduziert werden. Dahingegen ist das Potenzial ist in der Veterinärmedizin noch bei Weitem nicht ausgeschöpft. 

Die Leitlinien, die von der Fachgruppe Veterinärmedizinische Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie (VAINS) der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e.V. zum Thema Anästhesiologie bei Hund und Katze veröffentlicht und nun aktualisiert wurden, können dazu beitragen, die Qualität der anästhesiologischen Versorgung zu verbessern und zu gewährleisten. Ein weiterer Schritt, um an den Erfolg der Humanmedizin anzuknüpfen, wäre eine Verbesserung der Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. 

Wer darf eine Anästhesie beim Kleintier durchführen?

Die Durchführung einer Allgemeinanästhesie ist in Deutschland dem Tierarzt vorbehalten (§5 TierSchG). Ausgenommen davon sind lediglich unter acht Tage alte männliche Ferkel zur Kastration (§2 FerkBetSachkV). Eine sachkundige Person mit hinreichenden Fachkenntnissen kann unter Aufsicht und auf Anordnung des Tierarztes diesen bei der Durchführung der Anästhesie unterstützen. 

Was sind die grundlegenden Voraussetzungen zur Durchführung einer Allgemeinanästhesie? 

Wer eine Allgemeinanästhesie durchführt, muss in der Lage sein:

  • die Atemwege zu sichern (Intubation),
  • Sauerstoff zu verabreichen,
  • manuell eine kontrollierte Beatmung durchzuführen,
  • Medikamente und Infusionslösungen intravenös zu verabreichen (idealerweise mit Hilfe eines Venenkatheters), 
  • eine kardiopulmonale Wiederbelebung durchzuführen.

Diese Fähigkeiten sollten ohne Ausnahme bei jedem Patienten angewandt werden. Das bedeutet, dass die durchführende Person die Techniken zur Intubation, Legen eines Venenkatheters, manuelle Beatmung usw. beherrscht und das vor jeder Allgemeinanästhesie die benötigten Hilfsmittel wie Sauerstoff, Infusionslösungen, Notfallmedikamente usw. vorhanden sind. 

Was ist bei einer präanästhetischen Untersuchung zu beachten? 

Grundlage der präanästhetischen Untersuchung ist eine strukturierte, zielgerichtete Anamnese. Diese ist von Bedeutung, da gesunde Tiere ein deutlich geringeres Risiko haben im Rahmen einer Anästhesie zu versterben als Tiere, bei denen eine Erkrankung mit Leistungs-/Funktionseinschränkung vorliegt. Die Klassifikation der American Society of Anesthesiologists (ASA) kann eine Orientierungshilfe bei der präanästhetischen Einschätzung sein. 

Klassifikation zur präanästhetischen Einschätzung des Gesundheitsstatus (ASA) 

  • ASA 1: Normaler, gesunder Patient
  • ASA 2: Patient mit geringgradiger Allgemeinerkrankung (keine Leistungseinschränkung)
  • ASA 3: Patient mit schwerer Allgemeinerkrankung (mit Leistungseinschränkung)
  • ASA 4: Patient mit schwerer Allgemeinerkrankung, die eine ständige Lebensbedrohung ist
  • ASA 5: Moribunder Patient, der ohne Operation voraussichtlich nicht überleben wird

Bei Patienten der ASA-Klassen 3-5 sollte, wenn möglich, der Versuch unternommen werden, den Patienten präanesthetisch in einen stabileren Zustand zu überführen. Neben einer gründlichen Anamnese sollte bei der Allgemeinuntersuchung der Fokus auf dem Herz-Kreislauf-System und der Atmung liegen. Wenn nötig sollten weiterführende zielgerichtete Untersuchungen (z.B. Röntgen, Labor, kardiologische Untersuchung) durchgeführt werden, um das Risiko besser einschätzen zu können und Therapiemöglichkeiten zu erkennen. 

Abweichungen von diesem Vorgehen, beispielsweise aufgrund von Besitzerwünschen, der Dringlichkeit des schnellen Handelns bei Notfallsituationen oder bei aggressiven Tieren, müssen dokumentiert werden. 

Worüber muss der Patientenbesitzer aufgeklärt werden?

Der Patientenbesitzer sollte über das allgemeine Narkoserisiko (Risiko eines gesunden Patienten im Rahmen einer Anästhesie zu versterben) aufgeklärt werden. Die Rechtssprechung fordert dies zwar nicht explizit, es wird jedoch dringend empfohlen, ebenso deren Dokumentation. Liegt jedoch ein erhöhtes Risiko vor, ist der/die Tierärzt:in verpflichtet, den Patientenbesitzer über das individuelle Risiko aufzuklären. 

Postanästhetische Komplikationen können vermieden werden, wenn mit dem Besitzer besprochen wird, was er nach der Entlassung des Patienten Zuhause zu beachten hat (Lagerung, Fütterung, Medikation, Anzeichen einer gestörten Erholung, ...). 

Wie bereite ich den Patienten auf eine Allgemeinanästhesie vor?

Es wird empfohlen: 

  • den Zustand von Patienten, die der ASA-Kategorie 3-5 zugeordnet werden können, präanästhetisch zu verbessern,
  • eine präanästhetisch Nahrungskarenz (6-12h) bei adulten Patienten einzuhalten und Wasser ad libitum zur Verfügung zu stellen (situationsgemäß sollte eine Anpassung bei sehr kleinen Tieren, Welpen und Tieren mit metabolischen Erkrankungen erfolgen), 
  • eine patienten- und situationsangepasste sedative Prämedikation bzw. Anxiolyse durchzuführen und das Konzept des „Stress-Free Handlings“ zu nutzen, 
  • eine adäquate Schmerztherapie auch schon im Vorfeld einer Allgemeinanästhesie/Operation bei schmerzhaften Erkrankungen zu beginnen. 

Verpflichtend ist das Legen eines peripheren Venenverweilkatheters, wenn eine Allgemeinanästhesie oder eine tiefe Sedation bei Hund und Katze durchgeführt wird. Eine Ausnahme davon darf nur bei therapeutischen Routineeingriffen mit geringer Dauer (<10min) und geringem Risiko bei gesunden Patienten gemacht werden. 

Was sollte bei der Durchführung einer Allgemeinanästhesie beachtet werden? 

Analgesie

Eine auf den Patienten angepasste Analgesie ist perioperativ unbedingt erforderlich. Bei der Wahl der Analgesie sind nicht nur die Erkrankung und die damit einhergehenden Schmerzen, sondern auch die Wirkungsweise des Medikaments und Kontraindikationen zu berücksichtigen. 

Einleitung und Erhaltung einer Allgemeinanästhesie

Bei Hund und Katze erfolgt die Einleitung der Allgemeinanästhesie grundsätzlich als Injektionsanästhesie. Die Einleitung per Inhalation sollte dem Einzelfall vorbehalten werden, um den damit unter Umständen verbundenen Stress für die Tiere und eine Belastung der Mitarbeiter zu vermeiden. 

Die Anästhesieerhaltung kann anschließend auch als Inhalationsanästhesie über einen endotrachealen Tubus (bei der Katze alternativ über eine Larynxmaske) erfolgen. 

Patienten, bei

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