
Ein Jahr Legalisierung – Cannabis im Haushalt: THC-Intoxikation bei Hund und Katze im Fokus
erstellt am 11. April 2025
Seit dem 1. April 2024 ist der Besitz und Konsum von Cannabis
für Erwachsene in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen
erlaubt. Ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes lohnt sich aus
tiermedizinischer Sicht ein gezielter Blick auf mögliche
Auswirkungen dieser Entwicklung im Alltag mit Haustieren zu
werfen
Mit der gestiegenen Verfügbarkeit von Cannabisprodukten – sei es
durch Freizeitkonsum, medizinische Nutzung oder Eigenanbau – wächst
auch die Wahrscheinlichkeit, dass Hunde und Katzen unbeabsichtigt
mit THC in Kontakt kommen. In anderen Ländern mit vergleichbarer
Gesetzgebung, vor allem Dingen USA und Canada wurden in diesem
Zusammenhang bereits vermehrt Intoxikationen dokumentiert. Der
Beitrag beleuchtet die relevanten pathophysiologischen Mechanismen,
typische klinische Symptome sowie diagnostische und therapeutische
Optionen im Zusammenhang mit THC-Intoxikationen bei Hund und
Katze.
Mögliche Wege der THC-Aufnahme bei Haustieren:
Mit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland sind neue Konsum- und Verfügbarkeitsformen entstanden. Erwachsene dürfen unter bestimmten Bedingungen Cannabis besitzen, konsumieren und anbauen. Dadurch finden Cannabisprodukte zunehmend Eingang in Privathaushalte – was unbeabsichtigte Intoxikationen bei Haustieren, insbesondere Hunden und Katzen, begünstigen kann.
Die häufigsten Aufnahmewege für THC bei Haustieren sind:
- Essbare Cannabisprodukte („Edibles“) Produkte wie Brownies, Kekse oder Gummibärchen enthalten neben THC oft auch für Tiere hochtoxische Stoffe wie Schokolade oder Xylit. Durch ihre Geruchs- und Geschmacksintensität stellen sie eine besondere Gefahr dar, vor allem für Hunde.
- Getrocknetes Pflanzenmaterial Offene Aufbewahrung von Cannabisblüten oder Pflanzenresten – insbesondere im Zuge von Eigenanbau – kann zur unbeabsichtigten oralen Aufnahme durch Haustiere führen.
- Konzentrate und Extrakte Produkte wie THC-Öle, Wachse, „Dabs“ oder „Shatter“ enthalten extrem hohe Wirkstoffkonzentrationen. Auch wenn ihre Herstellung und ihr Besitz in Deutschland trotz Legalisierung weiterhin verboten sind, gelangen solche Substanzen gelegentlich durch illegale Kanäle in Umlauf – mit entsprechend hohem Risiko bei Exposition.
- Topische Produkte und Rückstände THC-haltige Hautpflegeprodukte oder Rückstände in Vaporizern können von Tieren beleckt oder angeknabbert werden, insbesondere bei freiem Zugang.
- Indirekte Aufnahme über Fäkalien Bis zu 90 % der THC-Metabolite werden mit dem Stuhl ausgeschieden. Hunde, die auf Spaziergängen menschliche Fäkalien aufnehmen, können dadurch erhebliche Mengen aktiver Substanzen aufnehmen.
- Medizinische Cannabispräparate THC-haltige Arzneimittel in der Humanmedizin stellen bei unsachgemäßer Lagerung eine ernstzunehmende Gefahr dar – selbst kleinste Mengen können für Haustiere toxisch sein. Auch oral verfügbare Darreichungsformen wie THC-Öl-Kapseln, die im Ausland häufig verwendet werden, können bei versehentlicher Aufnahme durch Tiere zu schweren Vergiftungsverläufen führen.
- Fehlanwendung von CBD-Produkten Obwohl Cannabidiol (CBD) im Allgemeinen als sicher gilt, bergen ungeeignete Produkte oder Dosierungen Risiken. Manche enthalten Terpene oder Zusatzstoffe, die insbesondere für Katzen problematisch sein können. Daher sollte die Anwendung nur in tierärztlicher Rücksprache und mit tiergerechten Präparaten erfolgen.
Wirkmechanismen und klinische Effekte von THC bei Hund und Katze
Pharmakologische Wirkung (Wirkmechanismen)
THC wirkt über Cannabinoid-Rezeptoren, die im Organismus von Hunden und Katzen unterschiedlich verteilt sind:
- CB1-Rezeptoren Diese befinden sich vor allem im zentralen Nervensystem – insbesondere im Kleinhirn, wo ihre Dichte bei Hunden besonders hoch ist. Ihre Aktivierung führt zur Hemmung der Neurotransmitterfreisetzung, was die typischen zentralnervösen Symptome wie Sedierung, Desorientierung oder Ataxie erklärt.
- CB2-Rezeptoren Sie sind außerhalb des ZNS vor allem im peripheren Nervensystem und Immunsystem aktiv und spielen eine Rolle in der Modulation von Schmerz und Entzündung. Für akute Vergiftungen sind sie von untergeordneter Bedeutung.
Klinische Effekte
Die Symptomatik kann bereits 30 Minuten nach Aufnahme einsetzen, sich aber auch um Stunden verzögern. In vielen Fällen halten die klinischen Erscheinungen bis zu 72 Stunden an.
Hunde
Typische Symptome:
- Hyperästhesie
- Lethargie
- Harninkontinenz
- Ataxie
- Bradykardie
- Hypothermie
- Mydriasis
- Desorientierung
- Tremor
Etwa ein Viertel der betroffenen Hunde zeigt paradoxe Erregung anstelle von Sedierung. Bei Aufnahme von Konzentraten sind Koma und Hypotonie möglich.
Katzen
Das klinische Bild ähnelt dem des Hundes. Am häufigsten beobachtet werden:
- Ataxie
- Lethargie
- Erbrechen – trotz der eigentlich antiemetischen Eigenschaften von THC.
Diagnostik bei THC-Intoxikation: Möglichkeiten und Grenzen
Nachweisverfahren
Ein zuverlässiger Nachweis von THC oder seinen Metaboliten beim Tier gestaltet sich diagnostisch schwierig. Die gängigen Urin-Drogentests, wie sie im Humanbereich zur Anwendung kommen, sind nicht für Tiere validiert. Dennoch können labordiagnostische Verfahren wie Immunoassays oder Gaschromatographie mit Massenspektrometrie (GC-MS) THC und dessen Metaboliten im Urin von Hunden und Katzen theoretisch detektieren – allerdings mit teils eingeschränkter Aussagekraft.
Ein zentrales Problem: Bei vielen Tierarten, insbesondere beim Hund, erfolgt die primäre Ausscheidung von THC über die Galle und nicht über den Urin. Das führt dazu, dass selbst bei nachgewiesener oraler Aufnahme im Urin nur geringe oder gar keine Mengen nachweisbar sind.
Diagnostische Besonderheiten beim Hund
Hunde scheiden im Vergleich zum Menschen nur sehr geringe Mengen von THC und seinen Metaboliten über den Urin aus. Entsprechend häufig liefe
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