Penetrierender Fremdkörper im thorakalen Wirbelkanal als Ursache einer akuten Paraparese
erstellt am 24. Oktober 2025
Einleitung
Dieser Fallbericht beschreibt eine 5-jährige, weibliche Französische Bulldogge, die mit einer akuten, progredienten Paraparese vorgestellt wurde. Die anfängliche Verdachtsdiagnose lautete auf eine thorakolumbale Rückenmarksläsion (Lokalisation Th3–L3).
Symptomatik
Die Hündin war laut Besitzer zunehmend apathisch und hyporektisch. Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich eine nicht-gehfähige Paraparese mit aufgehobenen Stellreflexen der Hintergliedmaßen und erhaltenem Tiefenschmerz, die kombiniert mit der Anamnese als schnell-fortschreitend eingeschätzt wurde. Der Urin- und Kotabsatz des Patienten war deutlich eingeschränkt und Schmerzäußerungen bei Manipulation der Wirbelsäule im mittleren Thoraxbereich und eine gespannte paravertebrale Muskulatur verstärkten den Verdacht auf eine thorakolumbale Rückenmarksläsion.
Diagnostik
In der neurologischen Untersuchung zeigte sich eine nicht-gehfähige Paraparese (Sharp & Wheeler Grad 3). Aufgrund der klinischen Präsentation wurde zunächst ein Bandscheibenvorfall (v. a. Hansen Typ I Extrusion) in Betracht gezogen. Weitere Differenzialdiagnosen umfassten einen fibrocartilaginösen Infarkt, eine Diskospondylitis, eine Meningoenzephalomyelitis sowie eine neoplastische Veränderung.
Hintergrundwissen: Neurologische Untersuchung beim Hund
Die neurologische Untersuchung stellt ein zentrales diagnostisches Werkzeug in der Kleintierneurologie dar. Ziel ist die präzise Lokalisation der Läsion im Nervensystem und die Einschätzung des Schweregrades der Beeinträchtigung.
Ein standardisiertes Vorgehen umfasst folgende Schritte:
- Bewusstseins- und Verhaltensbeurteilung:
Einschätzung des mentalen Status, Reaktion auf Umweltreize und
Verhalten.
- Haltung und Gangbild: Beobachtung im Stand und
in Bewegung zur Erkennung von Ataxien, Paresen oder
Paraplegien.
- Posturale Reaktionen: Überprüfung der
Stellreflexe, Hopping- und Schubkarretests zur Beurteilung der
propriozeptiven Funktion.
- Spinalreflexe: Testung der segmentalen Reflexe
(Patellar-, Tibialis cranialis-, Flexor- und Perinealreflex) zur
Beurteilung des jeweiligen Rückenmarkssegments.
- Palpation und Schmerzlokalisation:
Identifikation schmerzhafter Regionen, Muskeltonus oder
Spasmen.
- Bewertung der Tiefenschmerzwahrnehmung: Ein
entscheidender prognostischer Parameter, insbesondere bei
thorakolumbalen Läsionen.
Das sogenannte neuroanatomische Lokalisationsschema ermöglicht es, Läsionen bestimmten Abschnitten des Nervensystems (z. B. C1–C5, C6–Th2, Th3–L3, L4–S3, peripher) zuzuordnen. Bei thorakolumbalen Läsionen (Th3–L3) sind die Vordergliedmaßen in der Regel unauffällig, während die Hintergliedmaßen spastisch-paretisch erscheinen.
Bildgebende Diagnostik
Mittels Computertomographie (CT) konnte jedoch ein penetrierender Fremdkörper (gelber Pfeil) nachgewiesen werden. Es handelte sich um einen dünnen, länglichen Fremdkörper (Zahnstocher), der das Duodenum perforiert hatte und bis in die hypaxiale Muskulatur bei Th13 gewandert war. Er führte zu einer fokalen abdominalen Steatitis sowie einer angrenzenden Myositis. Darüber hinaus ergab die CT Hinweise auf ein sekundäres Empyem und eine Meningitis bei Th9 bis L2, wodurch es zu einer Kompression des Rückenmarks k
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Themengebiete
Autor:innen
Mag. Vivian Jäger, Dr. Bettina Habenbacher, Dr. Georg HaiderEin interessanter Beitrag. Teile ihn jetzt mit deinem Netzwerk.
